Aktuelle Lebensmittel-Debatte: Armutsbekämpfung muss Vorrang haben

Wien (OTS) – Während in der Diskussion über Inflation und
Lebensmittelpreise um
Gründe, Zuständigkeiten und Maßnahmen gerungen wird, weist Die Tafel
Österreich auf die Lebensrealitäten armutsbetroffener Menschen hin,
die seit Beginn der Krisen unter der Teuerung ganz besonders leiden –
und auf einen Bereich, der mit hoher Treffsicherheit und Wirkung
dagegenhält: die karitative, kostenfreie Lebensmittelhilfe.

In der Debatte über eine Preisregulierung bei Lebensmitteln in
Österreich muss der Blick auf eine Gruppe der Gesellschaft gelenkt
werden, die seit vielen Jahren massiv unter der Teuerung der
Lebenshaltungskosten leidet: armutsbetroffene Menschen.

Die Zahl jener, die in absoluter Armut leben, hat sich laut
Statistik Austria von 2021 auf 2023 verdoppelt und stagniert aktuell
auf hohem Niveau. In der jüngsten Erhebung „So geht’s uns heute“ (1.
Quartal 2025) nannten 24,4 % unter den 33 % aller Befragten, die eine
Verschlechterung ihrer finanziellen Situation wahrgenommen haben,
höhere Ausgaben für Lebensmittel als Hauptgrund für ein schlechteres
Auskommen mit dem Einkommen. 339.000 Erwachsene geben an, sich nicht
jeden zweiten Tag eine Hauptmahlzeit leisten zu können. Besonders
erschreckend: Das trifft auch auf 104.000 Kinder und Jugendliche zu.

Alexandra Gruber, Geschäftsführerin Die Tafel Österreich: „ Die
Daten zeigen eindeutig, dass eine nicht zu vernachlässigende Gruppe
von Menschen große Probleme damit hat, ihren Alltag mit den zur
Verfügung stehenden finanziellen Mitteln zu meistern. Hier besteht
längst akuter Handlungsbedarf. Denn während an Wohn- und
Energiekosten meist nicht zu rütteln ist, wird bei den Lebensmitteln
oft drastisch gespart – eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist
dann kaum mehr möglich. “

Zwtl.: Heute Maßnahmen setzen und schon morgen davon profitieren

Die Regierung hat den Handlungsbedarf offensichtlich erkannt, wie
der vielfach im Regierungsprogramm genannte Punkt „Maßnahmen gegen
die Teuerung“ zeigt.

„ Doch alle derzeit diskutierten Maßnahmen kommen bestenfalls
mittelfristig im Geldbörsel von armutsbetroffenen Menschen, um die es
ja vorrangig in der Debatte geht, an “, so Gruber. „ Die Tafel
Österreich hält seit Beginn der Teuerung bestmöglich dagegen, doch
auch bei uns hat sich die Zahl der Menschen in sozialen
Einrichtungen, die auf kostenfreie Lebensmittelhilfe angewiesen sind,
in den letzten Jahren verdoppelt. Es wäre sehr rasch, kostengünstig
und treffsicher möglich, unsere Mission zu fördern und die Menge an
umverteilten Lebensmitteln und kostenfreien Mahlzeiten für
armutsbetroffene Menschen damit schlagartig deutlich zu erhöhen.
Stattdessen erschweren von der Politik in den letzten Jahren gesetzte
Maßnahmen unsere Arbeit zum Teil massiv .“

Laut Die Tafel Österreich braucht es – neben finanzieller
Unterstützung – insbesondere folgende Maßnahmen:

Rechtliche Vereinfachung der karitativen Lebensmittelweitergabe

Vorrang der karitativen Lebensmittelweitergabe vor kommerziellen
Initiativen

Zwtl.: Blick nach Europa zeigt: Wir könnten viel mehr Lebensmittel
umverteilen

Der Blick über den Tellerrand in das europäische und globale
Tafelnetzwerk zeigt: Länder, in denen die Arbeit von
Tafelorganisationen mit solchen Maßnahmen gefördert wird, haben die
Nase bei der Menge an umverteilten, geretteten Lebensmitteln für
armutsbetroffene Menschen deutlich vorne.

„ In Österreich hinken wir dahingehend stark hinterher. Das
Tafelmodell ist generell sehr rasch und kostengünstig skalierbar, wir
kämpfen allerdings in den letzten Jahren, so wie viele anerkannte
Sozialorganisationen, mit der schleichenden Kommerzialisierung eines
nicht-kommerziellen Bereichs – ein Österreich-Spezifikum, das in
anderen Ländern nicht so überhandgenommen hat wie hierzulande “,
betont Alexandra Gruber.

In den EU Food Donation Guidelines und der EU Food Waste
Hierarchie ist auf europäischer Ebene unmittelbar und klar geregelt,
dass Lebensmittel-Überschüsse armutsbetroffenen Menschen zugutekommen
sollen. Eine Einhaltung dieser bestehenden Richtlinien könnte rasch
und wirkungsvoll einen großen Schub in der Menge an Lebensmitteln,
die schon morgen an armutsbetroffene Menschen zusätzlich umverteilt
werden können, bedeuten.

Die Tafel Österreich sieht die Politik, genauso wie beim
Rechtsrahmen, dringend gefordert, die karitative, kostenfreie
Lebensmittelweitergabe zu erleichtern, um den sozialen Mehrwert
geretteter Lebensmittel zu maximieren. Jedes überschüssige
Lebensmittel wird dringend von jenen Menschen benötigt, welche die
NPO in Partnerschaft mit sozialen Einrichtungen kostenfrei versorgt.
Diese Ressourcenschonung hilft gleichzeitig auch der Umwelt und
schafft Bewusstsein in der Bevölkerung für den Wert unserer
Lebensmittel.

Quellen:

STATISTIK AUSTRIA, EU-SILC 2018-2024

STATISTIK AUSTRIA, Krisenfolgenerhebung SILCexpress: „So geht’s
uns heute“

Über Die Tafel Österreich
Die Tafel Österreich versorgt seit 1999 armutsbetroffene Menschen
durch soziale Einrichtungen kostenfrei mit geretteten Lebensmitteln.
So haben sie eine essenzielle Sorge weniger und können mit
professioneller Hilfe Wege aus der Not finden. Allein im Jahr 2024
konnten über 1.578 Tonnen Lebensmittel an mehr als 75.000
armutsbetroffene Menschen in ganz Österreich weitergegeben werden.
Die Non-Profit-Organisation ist überwiegend spendenfinanziert und auf
Geld-, Zeit- und Warenspenden angewiesen. Mehr Infos unter tafel-
oesterreich.at

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