WKÖ-Prauchner zu Marterbauer-Vorstoß: Symbolpolitik bei Lebensmittelpreisen ist fehl am Platz

Wien (OTS) – Christian Prauchner, Obmann des Bundesgremiums
Lebensmittelhandel in
der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), spricht sich entschieden
gegen staatliche Eingriffe in die Preisgestaltung im
Lebensmittelhandel aus. In Richtung Finanzminister Marterbauer
appelliert er: „Wir brauchen jetzt keine Symbolpolitik, sondern eine
sachliche Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Ursachen der
Inflation. Wer die Teuerung bekämpfen will, muss bei den Wurzeln
ansetzen – und die liegen nicht im Supermarktregal.“

Preissteigerungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette

Die Preisbildung bei Lebensmitteln beginnt nicht erst im Handel,
sondern bereits in den vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette –
in der Landwirtschaft, der Verarbeitung, der Logistik sowie auf den
internationalen Rohstoffmärkten. In all diesen Bereichen kommt es
aktuell zu Verwerfungen und Kostensteigerungen. „Der
Lebensmittelhandel ist von diesen Entwicklungen betroffen, aber
keineswegs deren Verursacher“, betont Prauchner.

Ein aktuelles Beispiel ist der Rindfleischmarkt. In den
vergangenen Wochen wurden neue Preisrekorde verzeichnet. Ursachen
hierfür sind unter anderem der Rückgang der Tierbestände in Europa,
steigende Produktionskosten für Futter, Energie und Transport sowie
Krankheitsausbrüche wie Blauzungenkrankheit und Maul- und
Klauenseuche. Laut AMA lag der durchschnittliche Auszahlungspreis der
Schlachthöfe für Schlachtkühe zuletzt bei 6,23 Euro je Kilogramm –
das entspricht einem Anstieg von 52,7 Prozent im Vergleich zum
Vorjahr.

Auch bei der Milch setzt sich der Preisanstieg fort: Im Juni 2025
zahlten österreichische Molkereien ihren Lieferanten im Durchschnitt
55,80 Cent pro Kilogramm GVO-freier Rohmilch. Im Vorjahr lag dieser
Preis bei 49,20 Cent, vor fünf Jahren noch bei lediglich 36,24 Cent –
ein Plus von über 50 Prozent innerhalb eines halben Jahrzehnts.

Internationale Rohstoffmärkte unter Druck

Die Lage bleibt auch global angespannt. Rohstoffe wie Kaffee,
Kakao oder Orangensaftkonzentrat haben sich deutlich verteuert. In
Brasilien führten Dürreperioden, in Vietnam Hitzewellen zu massiven
Ausfällen bei der Kaffeeernte – ein halbes Kilo kostet mittlerweile
mehr als einen Euro über dem Niveau der Vormonate. Die Kakaopreise
stiegen im Frühjahr 2024 innerhalb von nur zwei Monaten um 280
Prozent, nachdem extreme Hitze die Ernten in der Elfenbeinküste und
Ghana massiv beeinträchtigte.

Diese globalen Entwicklungen treffen auch Österreich, da viele
Lebensmittelrohstoffe importiert werden. Zwar haben sich manche
Rohstoffpreise zuletzt wieder leicht zurückgebildet, doch insgesamt
verbleiben sie auf hohem Niveau. Gleichzeitig sind die
Produktionskosten im Inland stark gestiegen – bei Energie,
Rohstoffen, Personal und Logistik.

Zusätzliche Belastung durch „Österreich-Aufschläge“

Ein erheblicher Preistreiber sind auch die sogenannten
territorialen Lieferbeschränkungen internationaler
Markenartikelhersteller. Österreichische Handelsunternehmen werden
dadurch vom Zugang zu günstigeren Bezugsquellen in der EU
ausgeschlossen. Preisvorteile aus dem Ausland können somit nicht an
die Konsument:innen weitergegeben werden. Gerade bei bekannten
Markenartikeln hat das spürbare Auswirkungen auf die Verkaufspreise.

Staatlich verursachte Kosten belasten zusätzlich

Die angespannte Situation wird durch Maßnahmen der öffentlichen
Hand weiter verschärft. Zahlreiche Gemeinden haben in den vergangenen
Monaten die Gebühren für Wasser, Kanal, Müll und
Parkraumbewirtschaftung erhöht. Zu den bereits hohen Energiekosten
kommen zusätzlich stark gestiegene Netzentgelte und Belastungen durch
die CO₂-Bepreisung.

Eine besonders kostenintensive Herausforderung stellt die
geplante nationale Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie dar. Diese
verpflichtet die Handelsunternehmen, auf ihren Supermarktparkplätzen
tausende E-Ladepunkte zu errichten – oft ohne tatsächlichen Bedarf
oder Verfügbarkeit entsprechender Netzkapazitäten. Der dadurch
entstehende Investitionsaufwand geht in die hunderte Millionen Euro
und wird sich letztlich auch auf die Preise auswirken. Prauchner
betont: „Wir sehen hier ein perfektes Beispiel dafür, wie
überbordende Bürokratie am Ende auch die Inflation treibt. Noch ist
es nicht zu spät, auf überzogene nationale Vorgaben und einen
Flickenteppich unterschiedlicher Landesregelungen zu verzichten,
zugunsten einer bedarfsgerechten, bundesweit einheitlichen Lösung.“

Erschwerend kommt die aktuelle Lohn-Preis-Dynamik hinzu:
Steigende Löhne führen insbesondere in der personalintensiven
Handelsbranche zu höheren Kosten, die sich zwangsläufig in Form
steigender Preise niederschlagen.

Handel unter wirtschaftlichem Druck – trotz niedriger Margen

Die immer wieder geäußerte öffentliche Kritik am
Lebensmittelhandel entbehrt einer sachlichen Grundlage. Die
durchschnittliche Gewinnmarge im österreichischen Lebensmittelhandel
liegt bei unter 1,5 Prozent. Bereits 2022 stellte die
Bundeswettbewerbsbehörde im Rahmen einer umfassenden
Branchenuntersuchung klar, dass es keinerlei Hinweise auf Übergewinne
oder Margenerhöhungen im Zuge der Teuerung gab.

Spanien kein Vorbild für Österreich

Minister Marterbauer hat Spanien als Beispiel für erfolgreiche
Preispolitik genannt. Dieser Vergleich hält einer genaueren
Betrachtung jedoch nicht stand. Spanien hat nicht in
Lebensmittelpreise eingegriffen, sondern lediglich die Mehrwertsteuer
auf rund 40 Grundnahrungsmittel befristet ausgesetzt. Wesentliche
Entlastungen ergaben sich in erster Linie durch Maßnahmen im
Energiesektor, etwa durch die Entkoppelung des Strompreises vom
Gaspreis. Die Rahmenbedingungen des spanischen Energiemarkts
unterscheiden sich allerdings deutlich vom österreichischen.

Hinzu kommt: Spanische Haushalte geben einen erheblich größeren
Teil ihres Budgets für Lebensmittel aus als österreichische. Laut
Eurostat lag dieser Anteil 2022 in Spanien bei nahezu 20 Prozent, in
Österreich hingegen nur bei 12 Prozent. Damit zählt Österreich
weiterhin zu den vier Ländern mit den geringsten Lebensmittelausgaben
innerhalb der EU.

Fazit: Preisstabilität braucht Strukturreformen, keine
Symbolpolitik

„Wer Lebensmittelpreise dauerhaft stabilisieren will, muss an den
tatsächlichen Ursachen ansetzen – auf den globalen Rohstoffmärkten,
in der Energiepolitik und bei den regulatorischen Rahmenbedingungen“,
betont Prauchner. „Pauschale Eingriffe in Preise sind nicht nur
wirkungslos, sondern auch langfristig schädlich. Wir brauchen
tragfähige Lösungen statt kurzfristigen Aktionismus.“ (PWK305/DFS)

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